von Brigitte B. Nussbächer
Gedanken zum 86. Jahrestag der Reichskristallnacht, rund ein Jahr nach dem schlimmsten Pogrom seit der Schoah.
Am 07. Oktober 2023 wurden – auf israelischem Terrain! – tausende Juden verletzt, rund 1.200 ermordet und über 250 von Terroristen entführt. Am Tag darauf begann Israel den Kampf zu seiner Verteidigung, zur Befreiung der Geiseln und zur Zerstörung der mörderischen Terrororganisation Hamas.
Die Frage ist, ob die Welt wieder – wie vor 85 Jahren beim Holocaust – wegsehen würde, oder wie sie diesmal reagieren würde. Fakten aus den vergangenen 400 Tagen geben die Antwort darauf.
Reaktionen der Welt im Nahostkonflikt während der ersten sechs Monate
Die ersten Reaktionen sind: Schockzustand, Solidaritätsbeteuerungen und Beileidsbesuche. Die Gräueltaten sind unfassbar. Was hier geschah, erschüttert bis ins Innerste. Doch sobald Israel die Hamas im Gazastreifen angreift, treten andere Bilder in den Vordergrund und das Blatt wendet sich.
Die erste Resolution der UN nach dem Massaker, am 27. Oktober 2023, nennt die Hamas nicht beim Namen, verurteilt die Gräueltaten der Terroristen nicht und bestätigt auch Israels völkerrechtlich verankertes Recht auf Selbstverteidigung nicht. Stattdessen wird von Israel eine sofortige Waffenruhe, sowie die Bereitstellung von Wasser, Nahrungsmitteln, Treibstoff, Strom und „ungehinderten“ Zugang für humanitäre Hilfe für Palästinenser im Gazastreifen verlangt.
Im November 2023 kommt es, aufgrund der verbindlichen Anweisung des Sicherheitsrates, zu einer Feuerpause zwischen Israel und der Hamas, während der einige der israelischen Geiseln (Kinder und Frauen) freigelassen werden. Viele davon waren Doppelstaatler und etliche thailändische Geiseln. Für jede israelische Geisel musste Israel die dreifache Menge verurteilter palästinensischer Gefangener entlassen. Zudem wurden große Mengen an Gütern in den Gazastreifen geliefert. Die Hamas konnte ihre Vorräte ergänzen, sich neu aufstellen und brach nach ein paar Tagen die Waffenruhe. Sie erklärte, dass die restlichen 137 Geiseln nur im Gegenzug für Tausende verurteilte palästinensische Gefangene freikommen würden. Im Rückblick ist dieser Geiseldeal ein großer Erfolg für die UN und auch für Israel gewesen. Nie wieder in den folgenden 12 Monaten liess sich die Hamas überzeugen, auch nur eine einzige Geisel frei zu lassen. Wenige wurden in schweren Gefechten von der israelischen Armee befreit, doch oft konnte die IDF nur noch Leichen bergen. 13 Monate nach der Entführung befinden sich immer noch 101 Geiseln in den Händen der Terroristen und es wird angenommen, dass wahrscheinlich die Hälfte nicht mehr lebt.
Im Dezember 2023 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wieder eine Resolution zur Aufstockung der humanitären Hilfsgüter im Gazastreifen.
Am 29. Dezember reichte Südafrika beim Internationalen Gerichtshof der UN in Den Haag (IGH) eine Klage gegen Israel wegen „Völkermord gegen die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen“ ein. Chile, Kolumbien, Libyen, Mexiko, Nicaragua, Palästina, Spanien und die Türkei schlossen sich der Klage an. Israels Verteidigung legte Beweise bezüglich der ergriffenen Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung vor und wies die große Menge der Hilfsgüter, die nach Gaza gebracht wurden, nach. Trotzdem bestätigte der IGH am 26. Januar 2024 die Plausibilität der Behauptungen Südafrikas und ordnete eine Reihe von vorläufigen Maßnahmen gegen Israel an, die sicherstellen sollten, dass es zu keinem Völkermord kommt.
Im Januar 2024 veröffentlichte Israel Details über die Beteiligung von UNWRA Mitarbeitern beim Massaker vom 7. Oktober. Einige Länder, darunter Deutschland, stellten daraufhin vorübergehend ihre Zahlungen ein. Doch schon im April nahmen alle Länder, außer den USA, ihre Zahlungen wieder auf, obwohl erwiesen ist, dass in von UNWRA geführten Schulen die Kinder zu Judenhass erzogen werden und obwohl sich die Hamas der UNWRA Strukturen bedient. Im August 2024 entließ die UNO neun Mitarbeiter aufgrund dieses Vorwurfs. Am 29. Oktober 2024 beschloss das israelische Parlament schließlich ein Gesetz, das ab 2025 UNWRA wegen Unterwanderung durch die Hamas die Tätigkeit auf israelischem Staatsgebiet untersagt, was natürlich von der UN heftig verurteilt wird.
Im Februar 2024 verhängten die USA Sanktionen gegen israelische Siedler wegen Gewalt gegen Palästinenser in Judäa und Samaria. Als Folge werden Vermögenswerte der Betroffenen in den USA gesperrt. US-Bürgern oder Personen, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, sind Geschäfte mit den Sanktionierten untersagt. Im April beschließt die Europäische Union ebenfalls Sanktionen. Betroffene Personen dürfen nicht mehr in die EU einreisen und keine Geschäfte mit EU-Bürgern machen. Außerdem werden ihre, in der EU vorhandenen, Konten und andere Vermögenswerte gesperrt. Dass Israel selber den Vorwürfen nachgeht und für Recht und Ordnung sorgt, reicht der Weltgemeinschaft nicht.
Am 8. April 2024 forderte Nicaragua per Eilentscheid vom Internationalen Gerichtshof ein Ende der deutschen Hilfen an Israel, mit der Begründung, dass damit „Beihilfe zum Völkermord“ geleistet würde. Deutschland war im Zeitraum 2019 bis 2023 nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant Israels. Es gelang der Bundesrepublik, plausibel darzulegen, dass 98% der Lieferungen nur allgemeine Rüstungsgüter, wie Helme oder Schutzwesten waren und keine Kriegswaffen. Dennoch: seither und monatelang hat Deutschland die militärische Hilfe für Israel zu großen Teilen eingestellt. Erst zum Jahrestag des Massakers und auf massiven Druck der Oppositionsparteien (CDU, CSU, AFD, FDP) genehmigt die Bundesregierung wieder Rüstungslieferungen nach Israel.
Seit dem Hamas-Terrorangriff auf Israel und dem folgenden Krieg protestierten Studierende gegen Israel. Ab April 2024 spitzte sich die Lage an den US-Universitäten und auch in Europa mit Campus-Protestcamps und Blockaden von Hochschulgebäuden zu. Jüdische Studierende und Universitätsmitarbeitende fühlen sich deswegen nicht mehr sicher. Die demonstrierenden Studenten fordern ein Ende des Kriegs, ein „freies Palästina“ und dass die Universitäten ihre finanziellen Beziehungen zu Israel offenlegen und beenden. Außerdem verlangen sie den Verkauf von Aktien von Unternehmen, die geschäftliche Beziehungen mit Israel haben. Eine Freilassung der israelischen Geiseln, die sich weiterhin in der Gewalt der Hamas befinden, wird hingegen kaum gefordert.
Antisemitische Demonstrationen bringen regelmäßig und weltweit Tausende auf die Straßen. Manche europäische Hauptstadt ist nicht mehr wieder zu erkennen. Parolen, Boykottaufrufe und Ausschreitungen gehören zur Tagesordnung. Und es wird keinesfalls eine Zweistaatenlösung oder Frieden gefordert. Nein, „from the river to the sea, palestine will be free” wird gerufen, was im Klartext heißt, dass Israel von der Landkarte zu verschwinden hat.
Antisemitismus nimmt weltweit zu. Und das ist nicht zuletzt den Main-Stream Medien zu verdanken. Denn viele übernehmen Zahlen und Narrative direkt von der Hamas und der Hisbollah, als ob Terrororganisationen vertrauenswürdige Informationsquellen wären. Der übliche Satz nach solchen Darstellungen, dass diese Daten nicht überprüft werden können, ist eine perfide Methode, sich als objektiver Berichterstatter zu positionieren. Das Gift dieser einseitigen, unvollständigen und teilweise schlichtweg nicht zutreffenden Inhalte, die täglich Millionen erreichen, breitet sich in den Gedankenwelten aus. Israel wird als Aggressor diffamiert, Vorgeschichte und Kontext von Aktionen werden weggelassen. Wer sich in dieser Zeit nicht proaktiv und eigenverantwortlich aus unterschiedlichen Quellen informiert, wird daher fast zwangsläufig zum Israelkritiker.
In dem Jahr nach dem Terrorangriff vervielfachen sich die antisemitischen Straftaten in Deutschland, Europa, USA und weltweit dramatisch. Die damit befassten Organisationen melden Verdoppelungen bis Vervierfachungen. Manche Juden versuchen inzwischen ihre Identität zu verbergen, um nicht zur Zielscheibe zu werden. Das Versprechen „Nie wieder!“ wird nur von wenigen eingelöst! (Nie wieder! – Ein Versprechen mit Substanz?)
Angriffe aus vielen Windrichtungen
Aus dem Libanon wurden von der Hisbollah seit dem 8. Oktober 2023 täglich Dutzende Raketen auf Israel abgefeuert! Die gesamte Bevölkerung dieser Region (über 110.000 Menschen) musste deshalb evakuiert werden und lebt seit über einem Jahr in Übergangsunterkünften. Doch für die Welt scheint dieser untragbare Zustand ganz normal zu sein. In jedem anderen Land hätten solche Angriffe sicherlich zu massiven, internationalen Rückmeldungen und Konsequenzen geführt! Erst im September 2024 (nach fast einem Jahr!) beginnt Israel sich massiv gegen diese Angriffe zur Wehr zu setzen.
Am Abend des 13. April 2023 griff der Iran Israel mit rund 300 Flugobjekten an, die im ganzen Land niedergehen sollten, aber Israel und seinen Verbündeten gelang es, diese erfolgreich abzuwehren. Es war eine der Sternstunden dieses Krieges, als Israel nicht allein kämpfte, sondern aktive Unterstützung von der US und der British Army, den französischen und den jordanischen Streitkräften bekam. Der internationale Druck nach diesem Angriff führte zu einer sehr verhaltenen Reaktion Israels: nur drei Raketen wurden auf eine Luftverteidigungsradaranlage abgefeuert, die eine Atomanlage im Iran schützt.
Man sollte den Iran nicht unterschätzen. Sein Angriff wirkt im Vergleich zu denen der Hisbollah eher verhalten, doch er ist der Kopf und Drahtzieher der Aktionen gegen Israel – auch wenn das Mullah Regime es (noch) vorzieht, über seine Proxys zu agieren und nicht direkt.
Auch aus dem Jemen wurden von den Huthis Raketen auf Israel abgeschossen. Desgleichen haben Kämpfer des sogenannten Islamischen Widerstands, iranisch-finanzierte paramilitärische Gruppierungen aus dem Irak und Syrien, strategische Orte in Israel mit Drohnen angriffen.
Doch die UN und der IGH befassen sich weiterhin mit Israel.
Eskalation im Mai 2024
Am 20. Mai 2024 beantragte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, Haftbefehle gegen Israels Premierminister Netanjahu und Verteidigungsminister Gallant. Er wirft ihnen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit dem Krieg im Gazastreifen vor.
Am 22. Mai erklären Norwegen, Spanien und Irland, dass sie einen palästinensischen Staat ohne Israels Zustimmung anerkennen wollen und setzen dies am 28. Mai um.
Die Richter des Internationalen Gerichtshofes entschieden am 24. Mai 2024 mit 13:2 Stimmen, Israel müsse seine Offensive und andere Maßnahmen in Rafah stoppen, „die zur vollständigen oder teilweisen Vernichtung der palästinensischen Zivilbevölkerung führen könnten“. Außerdem wurde die katastrophale humanitäre Lage beklagt und eine Öffnung des Grenzübergangs für humanitäre Hilfslieferungen und UN-Ermittler gefordert.
Israel marschiert nach monatelangem Zögern, Abwägungen, Verhandlungen und Vorbereitungen trotzdem in Rafah ein, tut dabei aber alles, um zivile Opfer zu vermeiden. Die größten Anstrengungen werden unternommen, um die Bevölkerung zu evakuieren. Mit Erfolg. In Rafah werden schließlich dutzende Raketenabschussrampen der Hamas gefunden sowie hunderte von Tunneln der Terrororganisation, die nach Ägypten führen und über die die Hamas mit Waffennachschub beliefert wurde. Desgleichen werden Leichen von ermordeten, israelischen Geiseln hier geborgen. Die Besetzung von Rafah und des Philadelphia Korridors, an der Grenze zu Ägypten, deckte Versorgungsquellen der Hamas auf und durchschnitt eine für sie wichtige Lebensader.
Friedenspläne von UN & USA
Auch acht Monate nach dem Terrorangriff befanden sich noch über 120 israelische Geiseln – lebendig oder inzwischen tot – in der Gewalt der Hamas und wurden immer noch Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgeschossen. Unter dem Terror der Hamas leidet Israel und auch die palästinensische Bevölkerung. Alle Verluste dieser Monate sind letzten Endes Opfer der Hamas Führung, die zu keinem Kompromiss bereit ist, der Israels Existenz respektiert.
Am 10. Juni 2024 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine weitere Resolution mit der Forderung nach einer sofortigen Waffenruhe und einem dreistufigen Plan zur Beendigung des Krieges.
In der ersten Phase sollte während der Waffenruhe eine kleine Anzahl von Geiseln von der Hamas freigelassen werden. Im Gegenzug würden für jede einzelne, lebendige oder tote!, Geisel eine Vielzahl wegen Verbrechen verurteilter palästinensischer Häftlinge freikommen, die in Israel inhaftiert sind. Auch Mehrfachmörder.
In der nächsten Phase würden die Kämpfe dann dauerhaft eingestellt, die israelische Armee würde sich aus dem Gazastreifen zurückziehen, die Palästinenser dürften alle, das heißt auch die Terroristen, wieder in ihre Häuser zurückkehren. Dafür würde eine weitere Anzahl lebendiger oder toter Geiseln freigelassen – ebenfalls für eine Vielzahl palästinensischer verurteilter Häftlinge.
Israel müsste die Blockade des Gazastreifens aufgeben und Hilfe für den Wiederaufbau leisten. Die Hamas würde an der Macht bleiben.
Die Verhandlungen über diesen Friedensplan gingen über Monate und durch viele Runden, wobei die Forderungen immer wieder variierten. Obwohl der Plan viele Härten für Israel beinhaltete und wenig von der Hamas forderte, war es am Ende immer wieder die Hamas-Führung, die ablehnte.
Internationale Forderungen und Verurteilungen im Sommer 2024
Am 15. Juni 2024 fordern die G7 Staaten von Israel die Zusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde, obwohl sich diese nicht von den Verbrechen der Terrororganisationen distanziert hatte.
Im Juli 2024 stellte der Internationale Gerichtshof in einem Gutachten fest, dass die Besatzung der palästinensischen Gebiete (Westjordanland, Ostjerusalem und Gaza) gegen das Völkerrecht verstoße und schnellstmöglich beendet werden müsse. Die Resolution fordert alle Mitgliedstaaten auf, die Einfuhr von Produkten aus den „israelischen Siedlungen“ zu beenden. Ebenso sollte die Lieferung von Waffen, Munition und Ausrüstungen an Israel eingestellt werden, „wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass sie in den besetzten palästinensischen Gebieten eingesetzt werden könnten“. Mit anderen Worten: Israel darf sich bei Terroranschlägen aus den „besetzten Gebieten“ zu denen auch der Gazastreifen gezählt wird, nicht mit Waffen wehren.
Am 10. August 2024 greift Israel die Al-Tabien-Schule an und eliminiert 31 Kämpfer der Hamas und des Islamischen Dschihad, die sich darin verschanzt hatten. Seit Monaten hat Israel die groß angelegte Bodenoffensive im Gazastreifen beendet und operiert jetzt gezielt, aufgrund geheimdienstlicher Informationen immer dort, wo sich die Hamas neu formiert. Auch in ehemals humanitär genutzten Gebäuden und Schulen (die seit einem Jahr nicht mehr als Schulen genutzt werden), die bei Missbrauch durch Terroristen ihren Schutzstatus verlieren. Trotzdem wird der Angriff nicht nur von Katar, Ägypten, Jordanien, sondern auch den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell verurteilt.
Am 13. August löst auch das Gebet des israelischen Polizeiministers Itamar Ben-Gvir, auf dem Tempelberg in Jerusalem, international Empörung aus. Die Europäische Union, die Vereinten Nationen, die USA und zahlreiche arabische Länder verurteilten diese „Provokation“. Denn Juden ist es in ihrer eigenen Hauptstadt nicht gestattet, an dem Ort, wo die beiden jüdischen Tempel standen und der der heiligste Ort für sie ist, zu beten. In Umkehrung der Tatsachen wird aber Israel Diskriminierung der Araber vorgeworfen.
Basierend auf dem Gutachten des IGH vom Juni fordert schließlich die UN-Vollversammlung am 18. September 2024 mit einer Mehrheit von 124 Stimmen den Rückzug Israels aus allen „besetzten palästinensischen Gebieten“ (Gaza, Westjordanland, Ostjerusalem) binnen eines Jahres.
Zur Erinnerung: Israel zog sich 2005 komplett aus Gaza zurück und der autonome Streifen am Meer bekam finanzielle Hilfe in Milliardenhöhe. Und was wurde daraus: Tunnel, Raketen, Waffen, Terror – und 2023 unendliches Leid, auch für die eigene Bevölkerung.
Erneute Angriffe
Am 1. Oktober 2024 griff der Iran Israel erneut mit rund 200 ballistischen Raketen an und behauptete, dies sei die gerechtfertigte Rache für die Eliminierung des Hisbollah Terror-Führers Nasrallah im Libanon. Und erneut übt die Weltgemeinschaft Druck aus und definiert, was Israel nicht tun dürfe.
Der französische Staatspräsident Macron sprach sich am 5. Oktober dafür aus, grundsätzlich Waffenlieferungen an Israel einzustellen und gab bekannt, Frankreich werde Israel nur noch Verteidigungsausrüstung senden. Auch der spanische Premierminister Sánchez forderte die Weltgemeinschaft am 11. Oktober auf, Israel keine Waffen mehr zu liefern.
Am 20. Oktober wird schließlich publik, dass der mit dem iranischen Regime verbundene „Middle East Spectator“ Telegram-Account offenbar US-Geheimdienstdokumente, datiert auf den 15. und 16. Oktober, veröffentlichte, die Informationen zu den militärischen Vorbereitungen Israels für den Gegenschlag auf den Iran beinhalten. Es wird untersucht, wie er an die streng geheimen Unterlagen kam.
Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde!
In der Nacht vom 25. auf den 26. Oktober schlägt Israel schließlich zurück, allerdings, gemäß den Forderungen der USA, wieder begrenzt. Es werden keine Öl- und keine Atomanlagen bombardiert, sondern nur gezielt einige Produktionseinrichtungen und Lagerstätten für Raketen und Luftabwehrsysteme. Welches wird der nächste Zug in diesem Schachspiel sein?
Das Fazit
Vor genau einem Jahr schrieb ich den Artikel „Die Zweite Chance“. Er befasst sich mit dem Versagen unserer Vorfahren, das unfassbare Verbrechen des Holocausts zu verhindern, das von den Nationalsozialisten und ihren Helfershelfern begangen wurde. Er zeigt die historischen Parallelen zwischen Reichskristallnacht und Massaker vom 7. Oktober 2023 und ist nach wie vor brandaktuell.
Er war der Frage gewidmet, ob wir aus den Fehlern unserer Großväter gelernt haben? Ob wir die Chance nutzen würden, uns diesmal an die Seite Israels zu stellen?
Wenn wir die letzten 400 Tage betrachten, wird offensichtlich, dass das anfänglich gezeigte Mitgefühl und die Solidarität mit Israel sehr bald von Bedenken, Vorbehalten und Interessen beeinträchtigt wurde. Es gab keine große, gemeinsame Aktion gegen die islamistischen Terrororganisationen, obwohl diese nicht nur für Israel lebensbedrohlich sind, sondern auch immer mehr Anhänger und Einfluss im Ausland haben, westliche Werte verachten und dagegen agieren. Israel hat über die Monate nicht viel konstante, konkrete Hilfe erfahren.
Der entscheidende Unterschied zu der Situation vor 85 Jahren besteht daher nicht in der Reaktion der Weltöffentlichkeit, sondern in der Tatsache, dass die Juden heute nicht mehr wehrlos sind. Dass es eine israelische Armee gibt, die für ihre Bürger kämpft. Für die Befreiung der Geiseln, für die Rückkehr der Evakuierten, für Sicherheit innerhalb des israelischen Staates.
Aber genau das scheint für viele das Problem zu sein!
Es macht fassungslos, dass von Israel erwartet wird, Angriffe unbeantwortet hinzunehmen. Dass die Hisbollah 12 Monate lang insgesamt 13.000 Raketen auf israelisches Terrain abfeuern konnte, ohne dafür von der Weltgemeinschaft gemahnt oder gestraft zu werden. Und dass ganz offensichtlich gewünscht wurde, dass Israel auch den zweiten iranischen Angriff möglichst unbeantwortet lässt.
Ebenso kann man sich wundern, mit welchem Idealismus monatelang eine Lösung in diplomatischen Verhandlungen auf Augenhöhe mit der Hamas gesucht wurde, obwohl diese seit ihrer Gründung eindeutig und unmissverständlich ihr Ziel: Die Zerstörung Israels, betont. Und danach handelt! Alle ihr zur Verfügung gestellten Gelder hat sie nicht für die palästinensische Bevölkerung investiert, sondern in Waffen gegen Israel. In diesem Krieg hat sie ihre eigene Bevölkerung als menschliche Schutzschilde missbraucht und damit ungeheures Leid für Hundertausende verursacht. Und bis heute ist es ihr wichtiger, Israel weiter mit dem Schicksal der noch verbliebenen Geiseln zu foltern, als diese freizulassen und damit ein Ende des Krieges einzuläuten. Wie lange möchte man noch an der irrigen Einschätzung festhalten, dass Terroristen nach der gleichen Logik und den gleichen Prinzipien handeln wie Demokratien?
Es würde helfen, sich daran zu erinnern, dass schon 1948 die diplomatischen Bemühungen zwar Wegbereiter, aber nicht ausreichend waren. Dass fünf arabische Nationen die Beschlüsse der UNO verachteten, ablehnten und mit Waffengewalt dagegen vorgingen. Und dass nur Israels Unabhängigkeitskampf letztlich einen israelischen Staat möglich machte.
Die Einzelnen
Doch das Fazit dieser Zeit bliebe unvollständig, wenn ich die „Ungenannten Helden“ nicht erwähnen würde. Denn es gibt sie! Wie vor 85 Jahren gab es auch 2023/24 wieder die Einzelnen, die nicht wegsahen, die sich bewusst mit der Situation und dem Leid in Israel auseinandergesetzt haben und die Verantwortung übernahmen. Die innerhalb ihrer Möglichkeiten versuchten, eine Stimme für Israel zu sein und zu helfen. Die sich seit über einem Jahr keine Ruhe gönnen und die bei ihren Anstrengungen über sich selbst hinausgewachsen sind.
Menschen, die sich von der Gefahrenlage nicht haben abschrecken lassen und zu Kriegszeiten – trotzdem – nach Israel geflogen sind. Die ihren Urlaub nicht dafür genutzt haben, um sich zu erholen und das Leben zu genießen, sondern um in Israel zu helfen. Bei Erntearbeiten und bei Arbeiten in den zerstörten Kibbuzim an der Grenze zu Gaza. Die Betroffene besucht und darüber berichtet haben, um das einseitige, unvollständige Bild in ihrem Umfeld richtig zu stellen. Die versucht haben, zu trösten und die ganz praktische Hilfe und Beiträge für den Wiederaufbau mitgebracht haben. Die bereit waren, den Israelis mit allem, was sie sind und haben, zu zeigen: wir stehen an eurer Seite.
Ungenannte Helden haben hohe Summen nach Israel gespendet: um Evakuierte zu unterstützen, insbesondere Mütter, die ihre Babys fern von Zuhause zur Welt bringen mussten. Um Kindern, die durch den 7. Oktober zu Waisen wurden, zu helfen (siehe: „Das Geschenk für die Waisenkinder“) und den Familien, die sie aufgenommen haben. Und um die Genesung von Israelis, die durch das Massaker und den Krieg traumatisiert wurden, zu fördern.
Sie haben in ihren Ländern Israel-Events sowie Benefizkonzerte organisiert und Vorträge gehalten, um über die aktuelle Lage und die historischen Zusammenhänge aufzuklären. Sie sind auf die Straßen gegangen, um in Kundgebungen und Mahnwachen an das Leid und an die Geiseln zu erinnern. Sie haben in traditionellen und sozialen Medien Beiträge publiziert und für Israel gesprochen. Manche haben dabei verschüttete oder ungeahnte Begabungen (wieder)entdeckt.
Und sie sind unterstützt und getragen worden von den vielen Menschen, die ihre Aufgabe als „Wächter auf den Mauern Jerusalems“ erkannt haben und die seit einem Jahr unermüdlich für Israel im Gebet einstehen.
Manche haben für diesen Einsatz nicht nur ihre Zeit, ihre Kraft und ihre Ressourcen geopfert, sondern auch eine hohen sozialen Preis bezahlt, weil sie für ihr Engagement verurteilt wurden, manche sogar von der eigenen Familie.
Ich spreche hier nicht nur von den Großen und Prominenten, die einflussreich sind und bei denen jede Äußerung wahrgenommen und vervielfältigt wird. Ich möchte insbesondere die vielen kleinen, Unbekannten erwähnen, die ihr ganzes Herz und Sein für Israel einsetzen und doch nur in ihrem eigenen Umkreis wahrgenommen werden und oft keine Anerkennung für ihren Einsatz erfahren.
Trotzdem: jeder Einzelne ist wertvoll, ein Lichtfunken in der Finsternis! Und es sind viele. Es sind überraschend und bewegend viele!
Am Ende die Hoffnung
Der Krieg im Nahen Osten geht weiter mit Leid, Blut und Tränen. Millionen werden von diesen Zeiten geprägt und gezeichnet sein. Denn die zweitausend Jahre alte Hoffnung der Juden, ein freies Volk im Lande Zion und in Jerusalem zu sein, von der Israels Hymne „Hatikva“ spricht, ist bis zum heutigen Tag umkämpft. Über 30.000 Israelis haben seit der Staatsgründung sterben müssen, weil Israels Existenzrecht bis heute – insbesondere von den aktuell im Nahostkonflikt beteiligten Parteien und Staaten – verleugnet wird.
Doch die Hoffnung, die Israel aus der Asche des Holocausts zu neuem Leben aufstehen ließ, ist stärker. Die Sonne der Gerechtigkeit wird aufgehen und Heilung mit sich bringen (Maleachi 4,2).
Und wir, die Einzelnen, bleiben an der Seite Israels!
Weitere Artikel von Brigitte B. Nussbächer unter: www.arc-to-israel.org/artikel